Haushaltsrede 2023

Haushaltsrede 2023

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Maisacher Gemeinderat

Wer in der Krise stehen bleibt, wird von der Zukunft überrannt
Bereit für neues Denken*

Die Betrachtung des Haushaltes in Maisach ist immer eine spannende Angelegenheit, weil hier abzulesen ist, wo die Reise hingehen soll – jenseits aller Ankündigungen und Absichtserklärungen. Geld kann nur einmal ausgegeben werden und wo das Geld hinfließt, zeigt die Prioritäten. 

Es liegt in der Natur einer Haushaltsrede, dass man hauptsächlich über die Punkte spricht, die man kritik- oder diskussionswürdig findet. Bevor ich es vergesse, stelle ich den Dank an die Verwaltung und ganz besonders an die Kämmerin an den Anfang. Diesen Haushalt aufzustellen, war keine leichte Aufgabe. 

Im letzten Jahr hat sich vieles verändert in unserer Welt. Wir haben Krieg in Europa, herausfordernde Energiepreise und hohe Inflationsraten. Das hat unmittelbare Auswirkungen und führt zu ganz konkreten Veränderungen unseres gewohnten Lebens. 

Andere Krisen spüren wir noch nicht mit aller Wucht Die Klimakrise und die Krise des Artensterbens werden deswegen gerne verharmlost bis hin zu geleugnet. Wer darauf hinweist, bekommt zu hören, er sei ein Pessimist und diese andauernden Weltuntergangsszenarien würden erstens nicht helfen und zweitens für schlechte Laune sorgen. Was bezweckt man mit solchen Verharmlosungen? Ganz sicher fördert man damit nicht die Bereitschaft, gewohnte Muster zu hinterfragen und nach Lösungen für Herausforderungen zu suchen, die nach Lage der Daten ganz sicher auf uns zukommen.   

Fangen wir gleich mit einem schwierigen Thema an: 


„Es gibt nur eine Wirtschaft aber viele Planeten“ ?


Ein ganz großer Posten im Vermögenshaushalt sind die Grunderwerbskosten für Gewerbe.2023 dürfte das Jahr mit dem größten Zubau an Gewerbebauten in Maisachs Geschichte werden – zumindest auf Planungsebene. Vor diesem Hintergrund sei an den Gemeinderatsbeschluss zum vorläufigen Entwicklungsstopp des Gewerbegebietes Frauenstraße und zur Pausierung der Weiterentwicklung des Gewerbegebietes Gernlinden Süd-West bis nach der nächsten Wahl erinnert. Gegenüber dem Merkur hieß es, man wolle Flächenverbrauch und Versiegelung reduzieren und landwirtschaftliche Flächen schonen. Dafür verlagert sich die 

Gewerbeentwicklung auf den Fliegerhorst. Die Bebauung der derzeit noch von BMW genutzten Betonplatte mit dem „Biodrom“ wird sicherlich für sich genommen schon herausfordernd für die Gemeinde. Und es ist absolut begrüßenswert, dass keine neuen Flächen dafür versiegelt werden. Bleibt abzuwarten, ob es auch gelingt das Projekt so auszuführen, dass der Schutz des direkt angrenzenden FFH-Gebietes und seiner seltenen Bewohner gewährleistet wird. Für uns wäre das wichtig. 

Auch an anderer Stelle ist Großes geplant. Leider auf bisher unversiegeltem landwirtschaftlichem Grund. Das Versprechen, eine Betriebserweiterung zu ermöglichen, wurde bereits vor Jahren gegeben, um den Standort Maisach zu sichern. Im Geben und Nehmen zwischen Gemeinde und Unternehmen ist Verlässlichkeit ein ganz wesentlicher Faktor und keine Einbahnstraße. Die Möglichkeit im geplanten Umfang Gemeindefläche zu bebauen, in Wohngebietsnähe, sollte ganz selbstverständlich damit beantwortet werden, dass man alle Register zieht, um die Versiegelung zu minimieren und durch entsprechend großzügige Begrünung und ökologische Bauweise zu kompensieren.   

Maisach steht nicht umsonst an der Spitze aller Kommunen im Landkreis was die Gewerbe- und Einkommensteuereinnahmen betrifft. Das ist natürlich das Ergebnis entsprechender Kommunalpolitik und muss als solches auch gewürdigt werden. Daneben ist es aber auch das Ergebnis des Umgangs mit Fläche, Landschaft, Natur oder wie man es nennen will. Die Diskussion, bis wohin man diese Entwicklung weitertreiben will, sollte unserer Meinung geführt werden. Immer mehr Menschen sehen auch die negativen Folgen dieser Entwicklung auf Natur und Lebensqualität neben der Tatsache, dass eine Gemeindefinanzierung, wie wir sie bisher kennen, nur als verlässlicher Partner der Gewerbebetriebe möglich ist. 

Ein guter Schritt den Siedlungsraum nachhaltiger zu gestalten, widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen, ist mit der Entwicklung von Bausteinen für die nachhaltige Bauleitplanung gemacht. Wir hoffen sehr, dass die Gemeinde hier mutig vorgeht und nicht auf dem Niveau gesetzlicher Mindeststandards stehen bleibt. Natürlich geht es dabei auch darum, wie viel Geld investiert werden sollte. Wie dringlich unser Handeln in Bezug auf den Klimawandel und seine Folgen jetzt schon ist, darüber bestehen immer wieder große Differenzen im Gemeinderat.


2022 – Das Jahr der Hitzetoten und der „Maisacher Hitzeaktionsplan“ (Entsiegelung der Startbahn) 


Obwohl Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu den Zielen der Gemeinde gehören: Wo sind die Pläne für langfristigen Aufbau resilienter(widerstandsfähiger) Strukturen in den Orten? Wo und wie sollen kühle und schattige Orte für Hitzesommer geschaffen werden? Diese Fragen wollten wir bearbeiten mit unserem Antrag zur Erstellung eines Hitzeaktionsplanes, dem leider mit Hohn und Spott begegnet wurde. „Liegt in der Eigenverantwortung jedes Bürgers, sich zu schützen“ wurde uns entgegnet, während die Zeitungen von 2022 als dem Jahr der Hitzetoten schrieben. Die Grünen werden ja des Öfteren rhetorisch gefragt, ob bei all dem geforderten Artenschutz nicht auch „Menschenschutz“ eine Rolle spiele. Und dann das! Später im Jahr wurde dann doch noch eine große Maßnahme ins Spiel gebracht, mit der man der Klimaerwärmung etwas entgegensetzen wolle: die Startbahnentsiegelung. W würde.  ir denken, es liegt in der Eigenverantwortung jeden Bürgers selbst einzuschätzen, wie diese Maßnahme seine Lebensqualität verbessern resilienter(widerstandsfähiger) Strukturen in den Orten? Wo und wie sollen kühle und schattige Orte für Hitzesommer geschaffen werden? Diese Fragen wollten wir bearbeiten mit unserem Antrag zur Erstellung eines Hitzeaktionsplanes, dem leider mit Hohn und Spott begegnet wurde. „Liegt in der Eigenverantwortung jedes Bürgers, sich zu schützen“ wurde uns entgegnet, während die Zeitungen von 2022 als dem Jahr der Hitzetoten schrieben. Die Grünen werden ja des Öfteren rhetorisch gefragt, ob bei all dem geforderten Artenschutz nicht auch „Menschenschutz“ eine Rolle spiele. Und dann das! Später im Jahr wurde dann doch noch eine große Maßnahme ins Spiel gebracht, mit der man der Klimaerwärmung etwas entgegensetzen wolle: die Startbahnentsiegelung. W würde.  ir denken, es liegt in der Eigenverantwortung jeden Bürgers selbst einzuschätzen, wie diese Maßnahme seine Lebensqualität verbessern 


„Wir machen Politik für die Maisacher“?


Wenn das gesagt wird, dann sollte das alle Maisacher*innen im Blick haben. Auch diejenigen, die als erste unter den Klimaveränderungen leiden: ältere, kranke, gehandicapte Menschen genauso wie Kinder und andere Schutzbedürftige. Eine Gemeinde mit den finanziellen Mitteln wie sie in Maisach da sind, hätte locker die Möglichkeit entsprechende Strukturen zu schaffen. Ich bin persönlich von diesen Nichtmaßnahmen betroffen und es macht mich nachdenklich und auch wütend, dass trotz der vielen Toten das Thema nicht ernst genommen wird.  


Generations- und sozialorientierte Quartiersentwicklung?


Unter diesem Arbeitstitel startete die Befassung mit der Wohnbauentwicklung auf dem SC Gelände. Darin stecken die beiden großen Herausforderungen im Wohnungsbau. Passende Wohneinheiten für eine immer ältere und pflegedürftige Bevölkerung zu schaffen und erschwinglichen Wohnraum für Durchschnittsverdiener oder auch junge Singles und Paare. Was davon nach derzeitigem Planungsstand übrig bleibt: 30 geförderte Wohnungen, der Rest wird von einem Investor vermarktet. Es bleibt abzuwarten, welche Preise aufgerufen werden und ob das für Normalverdiener leistbar sein wird. Für Doppelhaushälften in Germerswang werden jedenfalls schon jetzt Beträge im 7-stelligen Bereich gefordert. Die Gemeinde hätte die Möglichkeit, selbst für Wohnraum zu sorgen, tut es aber nicht. Für wen, wird also gebaut? Was wird unternommen, um all jenen, die keine Million finanzieren können und trotzdem hier bleiben wollen Angebote zu machen? Von Konzeptvergaben und Förderung von Genossenschaftsmodellen über Bauherrengemeinschaften zu Wohnungsbauallianzen mit der ortsansässigen Wirtschaft, die wiederum bezahlbare Werkswohnungen für dringend benötigtes Personal schafft – Anstrengungen bezahlbaren Wohnraum jenseits der gängigen Wohnformen zu fördern sucht man vergeblich.  


Riesenprojekt ohne Haushaltsstelle


Gar nicht bei den großen Ausgabenposten taucht das größte Maisacher Projekt auf: der Maisacher Süden, obwohl hier mit Millionenbeträgen hantiert wird. Ein Filetstück für Wohnbebauung, auf dem man alles hätte verwirklichen können, was an bauherrenfreundlichen, generations- und sozialgerechten Modellen bekannt ist; wird im Großen und Ganzen einem Investor überlassen. Noch schlimmer: damit zusammenhängend soll weitab vom Ort auf naturschutzwertigen Wiesen ein neues Sport- und Schulzentrum entstehen. Ein Maximum an Zersiedelung wird hier schulterzuckend vorangetrieben, weil man davon ausgeht, dass der Flächenverbrauch munter weitergeht und es deswegen die lukrativste Lösung ist. Während immer wieder Regelungen in der Baugesetzgebung diskutiert werden, die die Nutzung vorhandener Innenentwicklungs-potenziale vorschreiben wollen und eine Flächensparoffensive die nächste jagt, legen wir den Grundstein für massives Wachstum in die Fläche. Keins der zahlreichen Förderprogramme zur Stärkung der Innenentwicklung und auch kein Entwicklungs- oder Verkehrskonzept halten wir für notwendig. Dass die bebauten Wiesen des Trabergeländes wertvoll für den Artenschutz sind, ist bekannt – sogar sehr genau. Ihr Wert in Ökopunkten wurde für eine mögliche Entsiegelung der wenige hundert Meter entfernt liegenden Startbahn ermittelt. Fachleute werden beurteilen, ob hier die Möglichkeiten der Baugesetzgebung ausgeschöpft werden, um den Ausgleich für die Natur zu minimieren, oder ob es sich um eine ökologisch sinnvolle Maßnahme handelt. 


Von FFW zu FFM Freiwilliges Flächensparen Maisach – Multifunktionalität 


Brandschutz ist eine originäre Aufgabe. Die finanzielle Situation lässt es zu, dass in jedem Ort eine Feuerwehr für eine kurze Anfahrtszeit zum Brandherd ermöglicht. Hier unser Dank an alle ehrenamtlichen Feuerwehrleute, Sanitäter und Andere, ohne die ein Gemeinwesen nicht funktionieren würde.

Nun werden in einigen Ortsteilen neue Feuerwehrhäuser geplant. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass wie in Fürstenfeldbruck praktiziert, Wohnraum mitgeplant wird. Das erhöht auch die Attraktivität des Engagements. Und wenn gebaut wird, dann sollte auch multifunktional gebaut werden. Mehrzweckräume in denen Begegnung stattfindet, die von Gesangs- und Turnverein und allen möglichen anderen Gruppen genutzt werden können. Kurzum, dass was das Leben am Ort lebenswert macht. 

 Ohne Vereine kein soziales Leben, kein soziales Leben ohne Begegnungsräume – das ist in diesem Gremium eigentlich gut verankert. Wir hoffen sehr darauf, dass dieser Weg beschritten wird mit Unterstützung aller Fraktionen.


Maisach wird älter 


Eine weitere Entwicklung, die große Veränderungen für die Kommunen mit sich bringen wird, ist der demografische Wandel. Zu wenig Arbeitskräfte, immer weniger Menschen zahlen in die Sozialversicherungssysteme ein, immer mehr Menschen werden immer älter. Anforderungen an Pflege und Betreuung nehmen zu. Die größte Welle kommt, wenn die Babyboomer verrentet werden. Laut statistischem Bundesamt gehört Maisach zu den besonders stark betroffenen Gemeinden. Die Frage, wie sich die Gemeinde darauf vorbereitet, liegt also nahe. Welche Strukturen werden geschaffen? Wie stellt man sich auf moderne Formen der Unterstützung im Wohnumfeld ein? Im August letzten Jahres konnte ich mir im Rahmen einer Veranstaltung der Bayerischen Staatsregierung mit dem Thema „Demografiefeste Gemeinden“ einen Eindruck davon verschaffen, was Gemeinden, die zum Teil viel kleiner als Maisach sind, an Projekten auf die Beine stellen. Das zeigt, wie viel möglich ist, wenn der Wille da ist. 

Das seniorenpolitische Gesamtkonzept von Maisach schwebt leider irgendwo zwischen Ablehnung, Zustimmung und Warteposition. Die eigentlich zugesagten 10000 € wären 2021 locker zu finanzieren gewesen. Aber das wollte die Mehrheit des Gemeinderates nicht. Also warten die Senioren und warten….


Ohne Einwanderung kein Wohlstand


Ohne Einwanderung wird Deutschland seinen Wohlstand nicht halten können. Das Wirtschaftswachstum wird deutlich sinken, prognostiziert die Bundesbank. Bis 2035 wird die Zahl der erwerbsfähigen Menschen um sieben Millionen zurückgehen, fast zwei Millionen Stellen sind bereits heute nicht besetzt. 

Das sollten wir im Hinterkopf behalten, wenn wir über den Verbleib von Migrant*innen in Maisach reden.  


Ein paar Worte zum Verwaltungshaushalt 


Wie schon in den Vorjahren, war es für 2023 schwierig, einen zustimmungsfähigen Verwaltungshaushalt aufzustellen. Die hohe Kreisumlage spielte bestimmt eine Rolle, ist aber sicher nicht allein verantwortlich. Wenn die Einnahmen die Ausgaben nicht decken, dann  wäre es doch sinnvoll, alle Positionen in den entsprechenden Gremien einer Aufgabenkritik zu unterziehen.


Vorschlag: Finanzreferent*in


Die wichtige Position eines Finanzreferenten/in wäre auch für Maisach wünschenswert. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es sicher für alle Beteiligten hilfreich, wenn jemand aus der Mitte des Gemeinderates die notwendigen Überlegungen und Maßnahmen anstoßen, mitentwickeln und tragen könnte. Das sollte bis zum April als Vorlage in den Gemeinderat eingebracht werden.


Zuständige Gremien in die Beratungen einbeziehen


Die Gremien, deren ordnungsgemäße Aufgabe es ist, sich mit dem Haushalt zu befassen, sollen auch damit befasst werden. Es leuchtet nicht ein in diesen schwierigen Zeiten den Haupt- und Finanzausschuss ausfallen zu lassen. Die Geschäftsordnung des Haupt- und Finanzausschusses ist da eindeutig. Wenn ich eine gemeinsame Haushaltspolitik aller Fraktionen möchte, dann hole ich die Beteiligten auch gemeinsam ins Boot und beteilige sie an Beratungen und Entscheidungen. Will ich das nicht, dann tue ich es nicht. Für die Ausschüsse des Gemeinderates gibt es Geschäftsordnungen. Die Lektüre der selbigen sei empfohlen. Nutzen wir das Wissen aller Beteiligten.

Auch wäre es nicht von Schaden, in einer der nächsten Sitzungen die Personalsituation im Rathaus zu diskutieren.


Fazit


Zum Schluss, sei nochmals an die  gute finanzielle Position der Gemeinde erinnert. Selbst in diesem Krisenjahr sind hohe Rücklagen da. Hier spielen wir , wie oft in diesem Raum zitiert, in einer der oberen Ligen. Das ist das Ergebnis entsprechender soliden Finanzpolitik. Durch diese solide Finanzpolitik sind im Investitionsbereich viele Projekte möglich. In dieser Lage sollte es aber auch möglich sein, den Kurs generell zu überprüfen. Soll es „größer, höher, schneller, weiter“ sein oder vielleicht „nachhaltiger, ressourcenschonender, sozialverträglicher, widerstandsfähiger“?  

Und so schließe ich unsere Betrachtung des Haushaltes 2023 ab mit den Worten „Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das ist nicht sicher.“ (J.Ringelnatz)

Aber sicher ist dass wir dem Haushalt 23 zustimmen werden. Nicht wegen der Inhalte. Wir tragen die notwendigen Kürzungen in diesem Krisensparjahr mit.

*Handelsblatt Kampagne