Haushaltsrede vom 11.2.2021

Für die Fraktion
Bündnis 90 / Die Grünen Barbara Helmers
im Gemeinderat Maisach am 11.2.2021

Haushaltsrede

Maisach stand bisher gut da. Unser Schuldenstand ist bemerkenswert gering.
Maisach gehört zu den 3 Kommunen im Landkreis, die keine Schlüsselzuweisungen
erhalten haben. Unsere Gesamtsteuerkraft liegt um 18% über dem
Landesdurchschnitt Da liegt es nahe zu sagen: Super, gut gewirtschaftet – weiter so?
Drei Dinge widersprechen dem:
1. Die Auswirkungen der Pandemie sind noch nicht abschätzbar, ganz klar ist
aber: Die Ausgaben werden und müssen auf gleichem Niveau bleiben, wie die
gestiegenen und auch in Zukunft weiter steigenden Personalkosten. Die
Einnahmen, wie die Gewerbesteuereinnahmen, werden mit zeitlicher
Verzögerung sinken, in welchem Maß ist nicht absehbar. Diese Unsicherheiten
sollten wir bei unseren Entscheidungen im Blick behalten.
2. Maisach hat einige sehr teure und gleichzeitig unerlässliche Projekte
vor sich, wie die Sanierung der Bahnüberführungen in Gernlinden oder das neue
Kinderhaus. Aber auch das stetige Wachstum der Gemeinde durch
Ausweisung neuer Baugebiete und die Nachverdichtung führen zu neuen
Bedarfen an Infrastruktur, die wir bezahlen müssen.
3. Besonders wichtig ist es uns, auf folgendes hinzuweisen: Maisach steht gut
da, wenn man mit dem Blick von, sagen wir, 1950 draufschaut, wo der Einfluss
unserer Art zu wirtschaften auf unsere Umwelt noch weitgehend unbeachtet
war. Wir wirtschaften, ohne den Preis, den unser Ressourcenverbrauch, z.B.
Flächenverbrauch, hat, einzukalkulieren. Wir sind wir im Jahr 2021 und wissen
sehr genau, dass wir nur noch wenig Zeit haben, um die Transformation hin zu
einer Welt, die vollkommen ohne Emission von Klimagasen auskommt, zu
organisieren. Null Emissionen. Die Bundesregierung hat dafür das Jahr 2050
ausgegeben, was allerdings in der Wissenschaft einhellig als für zu spät
angesehen wird, dort plädiert man für 2038.
Und auch hier im Maisacher GR ist ja aus allen Parteien zu hören, dass der Klimaschutz
ein wichtiges Ziel ist. Und das ist ja auch der richtige Ort dafür, denn die Ziele, die die
Bundesregierung gesetzt hat, müssen eben in vielen Bereichen von uns in den Kommunen
effektiv umgesetzt werden. Unser Grüner Antrag, die Stelle einer Klimaschutzmanagerin
zu schaffen wurde angenommen, ein sehr guter Schritt.
Trifft Maisach insgesamtzukunftsgewandte, nachhaltige Entscheidungen, dieunserer
Verantwortung, die wir als leistungsstarke Kommune haben, gerecht werden?
Stichwort Wirtschaftsförderung
Maisachs Devise, nur noch hier ansässigen Firmen Fläche zu geben, um sich zu vergrößern,
bedeutet, dass wir unseren Gestaltungsspielraum einschränken. Eswäre aus unserer Sicht
besser, Bedingungen zu schaffen, um auch für innovative,weniger flächenintensive Betriebe
attraktiv zu sein.Denn wir wollen nicht Wachstum verhindern, sondern sollten gestalten,
welches Wachstum. Wir haben hier die Chance, Vorreiter zu sein.
Stichwort Verkehrswende
Maisach baut Infrastruktur für motorisierten Individualverkehr, so überdimensioniert, dass
man sich fragt, für welchen Zuwachsan MIV sollen diese ganzen Kreisel denn bitte sein?
Der neueste, geplant imMaisacher Westen, ist das beste Beispiel, um zu zeigen, dass dem
MIV der rote Teppich ausgerollt wird, während für Radelnde die billigste Lösung an
Fahrradschutzstreifen reichen muss. Auf die Fußgängerampel Estinger Straße werden wir
vermutlich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Eine nicht mal fertig etablierte Buslinie
wurde ohne Not wegen einer Baustelle zusammengekürzt. Nur dem Insistieren von uns
Grünen ist es zu verdanken, wenn sich hier doch noch eine andere Lösung findet.
Ja, wir haben im Bereich Verkehr auch gute Entscheidungen gefällt: Aber zu wenig, zu
zögerlich, zu geizig gegenüber denen, die klimaneutral unterwegs sind. Dabeiverursacht
das Auto 20 Cent Kosten pro Kilometer für die Allgemeinheit, währendRadeln einen Nutzen
von 30 Cent bringt. So reicht es hier einfach maximal zu einem Verkehrswendchen. Damit
das aber richtig funktioniert, brauchen wir Mut, schlaue Lösungen und wir müssen auch
Geldin die Hand nehmen.
Stichwort Flächenverbrauch
Es mag sein, dass es in der breiten Öffentlichkeit noch nicht ausreichend gelungen
ist, den Einfluss des Flächenverbrauchs auf den Klimawandel zu verdeutlichen. Aber
wir, als Gemeinderät*innen, haben ja eine Sorgfaltspflicht, also auch eine Pflicht, uns
zu informieren. Daher kennen wir den Zusammenhang, dass einmal versiegelter
Boden kein Wasser und vor allem kein Co2 mehr speichern kann und etwaige
Entsiegelung einen zunächst nahezu toten Boden zu Tage fördert. Aus diesen und
noch weiteren Gründen sollte die Flächeninanspruchnahme beendet werden. Damit
ist nicht gemeint, dass wir nichts mehr bauen dürfen, das ist in unseren Breiten
utopisch. Aber wir sollten schon bereit sein, alles zu tun, um clevere, moderne
Konzepte, die alle schon da sind, einzusetzen.
Haben wir also Konzepte für die Innenentwicklung, ist eine
Flächenverträglichkeitsprüfung Voraussetzung für Ausweisung? Werden Wohn-, und
Arbeitsräume dort geschaffen, wo schon versiegelt ist? Es ist jedenfalls noch nicht
lange her, da wurde ich hier für den Vorschlag, über dem Parkplatz Rewe/Aldi zu
bauen, man kann es nicht anders sagen, verlacht. Und während das Schaffen von
günstigem Wohnraum auf dem neuen Kinderhaus abgelehnt wird, mit der
abenteuerlichen Begründung, eine so hohe Bebauung am Ortsrand, wie sähe das
denn aus?! – entsteht am anderen Ortsrand eine meterhohe Industriehalle.
Maisach betoniert unsere Landschaft voll, als ob es kein Morgen gäbe mit der
schlichten Begründung: „Das müssen wir jetzt einfach machen.“ Wir meinen: im
Gegenteil, ein neues Freibad zu planen, ist schon rein wirtschaftlich unverantwortlich;
hohe Baukosten, aber auch die viel höheren Unterhaltskosten sind aufgrund der
Pandemiefolgen ein zu hohes Risiko. Und ökologisch natürlich sowieso.
Natürlich braucht eine Gemeinde Einnahmen, um ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen.
Und natürlich muss Wohnraum geschaffen werden. Aber es gibt Konzepte, die
Ökonomie und Ökologie zusammen betrachten und damit nachhaltig sind. Damit
muss man sich auseinander setzten und sein Handeln verändern. Und, darum
werden wir nicht drumrumkommen: Wir alle werden uns zumuten müssen, dass wir
nicht so weiter konsumieren können, als hätten wir 1,6 Planeten zur Verfügung.
Dieser Verantwortung sind wir Grüne uns bewusst, daher sind der angedachte Plan
für den Maisacher Süden und immer neue Gewerbegebiete, die nach allen Regeln
der Salamitaktik-Kunst erst „Kleingewerbegebiet“ heißen und sich im Laufe der Zeit
zu „Gewerbegebiet Gernlinden Südwest“ vergrößern, nicht zu verantworten.
Natürlich ist es einfacher, den Bürger*innen zu sagen, es sei alles wunderbar. Aber:
Es gibt nur eine Sache, die noch schlimmer ist, als keinen Klimaschutz zu machen,
und das ist, so zu tun, als mache man Klimaschutz.
Wir werden dem Haushalt nicht zustimmen.