Special zum Weltfrauentag 2024
Wie steht es um die Gleichberechtigung
Wie steht es um die
Gleichberechtigung?
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Wir verlosen einen 50€-Gutschein bei einer Maisacher Gastro deiner Wahl. Uns interessiert, was ihr denkt zum Thema Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Männern. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“ – gefragt ist, wie Du das siehst.
Dieses Jahr am 23. Mai wird unser deutsches Grundgesetz 75 Jahre alt. Darin findet sich als Artikel 3 Absatz 2 der einfache Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“
Es ist auch heute noch leicht vorstellbar, was dieser Satz 1949 an Explosionskraft haben musste – in einer Welt, in der Frauen zwar wählen, aber sonst wenig ohne die Zustimmung ihrer Ehemänner tun durften. Alleine schon das Recht der Ehemänner, in Familienangelegenheiten letztendlich nach eigenem Ermessen und im Zweifel gegen ihre Ehefrau zu entscheiden, zeigt deutlich, dass der Satz nicht der Realität entsprach – noch nicht.
Aber Verfassungen begründen ja nicht nur die Grundstrukturen eines politischen Systems, sie drücken darüber hinaus auch die Ziele des Staates, die Wertvorstellungen einer Gesellschaft und ihr Selbstverständnis aus.
Der männerdominierte Parlamentarische Rat, der 1948 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland erarbeitete, wäre wohl von selbst nicht auf diese Idee gekommen, wenn nicht eine der vier Frauen im Rat vehement dafür gekämpft hätte. Die Juristin Elisabeth Selbert, Mutter von zwei Kindern und Anwältin, die während des Nationalsozialismus ihre Familie ernährt hatte, weil ihr Mann als Mitglied der SPD Berufsverbot hatte, erkämpfte diesen Satz, nicht zuletzt weil sie die Frauen der männlichen Ratsmitglieder mobilisierte.
Schon 1948 stand es für Teile der Gesellschaft außer Frage, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, währen andere Teile, das vehement bestritten. Das ist auch heute noch so, wobei sich glücklicherweise die Mehrheitsverhältnisse geändert haben.
1948 aber stand Artikel 3 Absatz 2 in Widerspruch zur Realität. Es dauerte noch etliche Jahre und gesetzliche Regelungen, bis die rechtliche Gleichbehandlung vor dem Gesetz weitgehend erreicht war.
1918 Einführung des aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen eingeführt.
1949 Artikel 3 Satz 2 wird ins Grundgesetz geschrieben „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
1958 Gleichberechtigungsgesetz
Abschaffung des Letztentscheidungsrecht des Ehemannes in ehelichen und familiären Angelegenheiten ( Wohnort, Beruf der Frau, Kindererziehung). Frauen durften dann auch ohne Erlaubnis des Ehemannes den Führerschein machen. Besonders wichtig: bis dato verfügte der Mann über das von der Frau in die Ehe eingebrachte Geld. Nun durften Ehefrauen über ihr eigenes Geld verfügen und ein Konto eröffnen
1977 Reform des Ehe- und Familienrechts
Abschied vom Leitbild der Hausfrauenehe und Verzicht auf die Vorgabe von Ehemodellen. Bis 1977 durfte die Ehefrau nur dann berufstätig sein, wenn dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war. Seitdem gilt das Partnerschaftsprinzip, nach dem es keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung in der Ehe mehr gibt
1980 Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz
Gleichbehandlung am Arbeitsplatz wird als Rechtsanspruch im BGB festgeschrieben, ebenso das Recht auf gleiches Entgelt. Verpflichtung der Arbeitgeber zu geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen
1991 befreite das Gesetz zur Neuordnung des Familiennamensrechts Frauen von dem Zwang in der Ehe den Namen ihres Mannes anzunehmen
1994 Zweites Gleichberechtigungsgesetz mit verschiedenen Regelungen zur Gleichberechtigung von Frauen am Arbeitsplatz
1994 Gleichberechtigungsgebot in Artikel 3, Absatz 2 Grundgesetz wird ergänzt:
„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
1997 Der neu gefasste § 177 StGB stellt Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe.
1999 Einführung Gender Mainstreaming Strategie. Bei allen gesellschaftlichen und politischen Vorhaben werden die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern grundsätzlich und systematisch berücksichtigt, basierend auf der Erkenntnis, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt, und Männer und Frauen in sehr unterschiedlicher Weise von politischen und administrativen Entscheidungen betroffen sein können.
2001 Der Bundestag ratifiziert das Zusatzprotokoll zum UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW). Die Frauenrechte in Deutschland erreichen damit UN-Standard.
2006 Das Antidiskriminierungsgesetz („Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“) wird vom Bundestag verabschiedet. Ziel des AGG ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
2016 Der Bundestag verabschiedet ein neues Sexualstrafrecht („Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung“ oder „Nein heißt Nein“). Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt“, macht sich strafbar.
Im Laufe der Jahre merkte man, dass sich die Gesellschaft nicht von selbst ändern würde. Im Zuge der Wiedervereinigung 1994 konnte das Grundgesetz angepasst werden und Artikel 3 Absatz 2 wurde zu:
Damit wurde der Staat und seine Organe in die Pflicht genommen, aktiv an der Verwirklichung der Gleichberechtigung zu arbeiten. Frauenpolitische Akteurinnen und Akteure setzten das durch, denn inzwischen war klar, dass mit der formalen Gleichberechtigung vor Gericht noch lange keine faktische Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht werden konnte. Diese würde nämlich Chancengleichheit für Frauen und Männer bedeuten, über den gesamten Lebensweg hinweg – persönlich, beruflich und familiär.
Schaut man sich die Realität 2024 an, so wird schnell klar, dass wir davon auch 75 Jahre nach der Unterzeichnung des Grundgesetzes noch ein ganzes Stück entfernt sind.
Frauen in der Politik
Die EU steht bei der Geschlechtergleichstellung weltweit an der Spitze. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet durch ihre Rechtsetzung und weitere Maßnahmen, Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Auch der Europarat beschließt Konventionen, Programme und Empfehlungen zur Sicherung der Menschenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter.
Trotzdem hat bislang kein Mitgliedstaat die volle Gleichstellung von Mann und Frau erreicht. Fortschritte in dieser Richtung gelingen nur sehr schleppend – in der EU und erst recht global.
In keinem deutschen Parlament sind Frauen ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprechend vertreten
Bundestag
Frauenanteil 36 %
(bei 52 % Bevölkerungsanteil)
Landtage
Durchschnittlicher Frauenanteil: 34 %
Bayerischer Landtag: Frauenanteil 25 %
Damit steht Bayern deutschlandweit an letzter Stelle.
Die ernüchternde Bilanz auf Kommunalebene in Bayern:
Oberbürgermeisterinnen 10 %
Landrätinnen 10 %
Kommunale Mandatsträgerinnen ca. 25 % im Schnitt. Je größer die Stadt, umso höher der Frauenanteil.
Maisacher Gemeinderat Frauenanteil 36 % , 0 von 3 Bürgermeistern
Gründe, die Frauen davon abhalten, sich um ein Mandat zu bewerben:
Frauen in der Arbeitswelt – jede Menge Lücken
Die Gender Gaps
Gender Pay Gap = Gehaltslücke, Verdienstabstand
Gender Pension Gap = Rentenlücke
Gender Care Gap = Sorgearbeitslücke
Teilzeitfalle
Gender Pay Gap
Damit landet Deutschland im europäischen Vergleich auf dem drittletzten Platz (Eurostat, 2021).
Gründe:
Gender Pension Gap
Der Gender Pay Gap führt zwangsläufig in den Gender Pension Gap. Folge: Jede fünfte Frau über 65 ist altersarmutsgefährdet.
Gründe:
Gender Care Gap
Sorgearbeit umfasst Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit, Ehrenamt
Damit bleibt Frauen weniger Zeit für eine Erwerbstätigkeit.
Männer profitieren davon, dass die Arbeiten, die sie traditionell übernehmen (Rasen mähen, Reparaturen an Haus / Auto, etc.), nicht täglich anfallen und z.B. auf das Wochenende verschiebbar sind, was wesentlich weniger Konflikt mit einer Berufstätigkeit bedeutet.
Block
Teilzeitfalle
Aktuell gehen 75% aller Frauen einer Erwerbstätigkeit nach; aber nur 35 % arbeiten in Vollzeit.
Als Grund wird überwiegend die schlechte Vereinbarkeit von Familie (Kindererziehung, Angehörigenpflege, Hausarbeit) und Beruf genannt.
Frauen reduzieren in der Phase der Familiengründung häufig ihre Arbeitszeit. Bei mehr als 40 % der erwerbsfähigen Frauen ist das im Alter ab 35 Jahren der Fall. Im Gegensatz dazu weiten Männer ihre Arbeitszeit in dieser Lebensphase sogar oft noch aus. Arrangieren sich die Familien erst einmal so, bleibt es sehr oft dabei: Männer arbeiten bis zum Renteneintritt konstant Vollzeit; Frauen bleiben bei Teilzeit, auch wenn Kinder oder Angehörige nicht mehr so viel Sorgezeit beanspruchen.
Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist nur möglich, wenn die unbezahlte Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern gerecht verteilt ist.
Am besten gelingt das, wenn Männer ihre Arbeitszeit reduzieren.
Nach wie vor zu wenig weibliche Führungskräfte
Im Wintersemester 2023/2024 war der Anteil der weiblichen Studierenden mit 50,9 % erstmals höher als der der männlichen. Damit setzte sich der Trend der letzten Jahre fort, dass immer mehr Frauen studieren.
Trotzdem und trotz hoher Qualifikationen von Frauen und auch trotz verschiedener Gesetzesinitiativen der letzten Jahre, sind nach wie vor nur sehr wenige Frauen in Führungspositionen der deutschen Wirtschaft zu finden.
Frauen | Männer | |
Gesamtbevölkerung | 51 % | 49 % |
Hochschulabsolventen | 51 % | 49 % |
Führungspositionen allgemein | 31 % | 69 % |
Mittleres Management | 15 % | 85 % |
Vorstandsebene | 3 % | 97% |
Aufsichtsräte | 10 % | 90 % |
Im Vergleich der EU-Mitgliedsländer liegt Deutschland mit einem Anteil von 30,8 % Frauen in allgemeinen Leitungspositionen unter dem EU-Durchschnitt (32,5 %) auf Rang 11.
Allerdings sind rund 72 Prozent aller Teilzeit-Führungspositionen in der Privatwirtschaft von Frauen besetzt – ein starkes Indiz dafür, dass es auch hier wieder um die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, die überwunden werden muss.
Eine Befragung von Führungskräften erbrachte aber auch, dass das Rollenverständnis und die Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur dahingehend, dass Frauen in Führungspositionen selbstverständlich sind, dringend notwendig ist, um die Abwehrhaltung der männlich dominierten Führungsebene zu durchbrechen.
Gewalt gegen Frauen
= Ausdruck eines Macht-Ungleichgewichtes zwischen den Geschlechtern.
Die meisten Delikte finden im direkten Umfeld der Frauen statt – die Täter stehen den Frauen meist nah. Häufigster Tatort ist die eigene Wohnung.
Es kann jede Frau treffen – Betroffene kommen aus allen sozialen Schichten, haben die unterschiedlichsten Bildungsgrade und kulturellen Hintergründe.
Die Dunkelziffer ist riesig – man schätzt, dass es in nur etwa 1 % der Fälle zu einer Verurteilung kommt.
Besonders erschreckend ist in diesem Zusammenhang die Plan International Befragung aus letztem Jahr (2023). Frauen muss es Angst und Bange werden, bei dieser hohen Akzeptanz für Gewalt gegen Frauen bei jungen Männern.
Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum
Sexismus und sexuelle Belästigung werden zur Machtdemonstration und Demütigung eingesetzt. In der Arbeitswelt ist es eine weit verbreitete Form der Diskriminierung von Frauen. Männer können auch betroffen sein, allerdings sind Frauen doppelt so häufig betroffen. (BMFSFJ)
60% aller Frauen in Deutschland haben im Lauf ihres Lebens mindestens eine Form von sexueller Belästigung erlebt – in der Schule, am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln, auf Social Media, auf der Straße oder auch in der eigenen Wohnung.
Das uneingeschränkte Recht auf Selbstbestimmung
Selbstbestimmung ist das Recht, dass Jede/-r selbst darüber entscheiden darf, wie sie/er leben möchte. Die Freiheit, selbst über das eigene Leben zu bestimmen, ist ein Menschenrecht und in Deutschland durch Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz verbrieft:
Und weiter in Absatz 2:
Trotzdem wird dieses Recht Frauen und Mädchen regelmäßig abgesprochen, wenn es um das Thema Schwangerschaftsabbruch geht.
Am 4. März 2024 ist Frankreich einen historischen Schritt gegangen und hat als erstes Land das Recht auf straffreie Abtreibung in der Verfassung verankert. Dies solle durchaus als ein Signal in die Welt hinaus verstanden werden, in der reaktionäre Kräfte versuchten, die Rechte der Frauen auf Schwangerschaftsabbruch einzuschränken. Auch bei den anstehenden Europawahlen sei ein Erstarken des rechten Parteienspektrums zu befürchten und in der Folge auch eine Verschlechterung der Frauenrechte. Durch Aufnahme in die Verfassung mache man es sehr schwer, dieses Recht in Zukunft wieder einzuschränken.
In Deutschland gab es nie ein „Recht“ auf Abtreibung. Ein Schwangerschaftsabbruch ist gemäß § 218 Strafgesetzbuch (StGB) grundsätzlich für alle Beteiligten strafbar, es sei denn die betroffene Frau folgt den Vorgaben der sogenannten Beratungsregelung. Wenn medizinische Gründe vorliegen oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist, kann ebenfalls Straffreiheit bestehen (BMFSFJ).
§218 ist Ausdruck moralischer Unentschlossenheit. Er erlaubt nach vorgeschriebenen Beratungen Schwangerschaftsabbrüche, stellt sie aber zugleich unter Strafandrohung. Das gilt auch für die durchführenden Ärzte, weshalb viele von ihnen den Eingriff scheuen.
Frauenrechte, Demokratie und die Gefährung durch Rechtspopulisten und -extremisten
Dieses Jahr wird nicht nur unser Grundgesetz 75 Jahre alt, sondern es finden auch Europawahlen statt. Diese Wahlen werden wichtig sein und es ist gut, dass wir uns in den Wochen vor der Wahl mit unserer großartigen Verfassung beschäftigen und mit den Vorzügen der Demokratie. Ganz besonders gilt dies auch für die Gleichstellung von Frauen und ihre Gleichberechtigung. In vielen Ländern Europas erstarken derzeit Parteien des rechten Spektrums und mit ihnen frauenfeindliche Einstellungen. Für die Rechte von Frauen ist das durchaus eine Bedrohung.
Verbunden mit dem Erstarken rechtspopulistischer und -extremer Einstellungen sind Angriffe auf das moderne Rollenbild der Frau, die Gleichstellung der Geschlechter und das Recht auf Selbstbestimmung. Das rechtsextreme Weltbild beruht ganz grundsätzlich auf der „Ungleichheit“ von Menschen, aus der eine „Ungleichwertigkeit“ abgeleitet wird . Ob Rassismus, Antisemitismus, Homo-Feindlichkeit oder eben Antifeminismus; es geht immer darum, dass die eigene Gruppe den anderen von Natur aus überlegen sei und sich vor diesen schützen müsse.
Ein Weltbild, das auf der Unterordnung von Menschen basiert, richtet sich immer auch gegen die Demokratie. Deshalb wird sie auch von vielen rechten Gruppierungen abgelehnt.
Gleichberechtigung oder Gleichstellung wird in einem rechtspopulistischen oder weiter rechts gelagerten Weltbild gar nicht angestrebt. Die Rollenvorstellungen werden biologisch begründet, also als „natürliche Ordnung“ dargestellt, gegen die Widerstand zwecklos ist. Oder wie es der rechtslibertäre polnische EU-Abgeordnete Janusz Ryszard Korwin-Mikke im Europaparlament ausdrückte:
„Natürlich müssen Frauen weniger als Männer verdienen, weil sie schwächer, kleiner und weniger intelligent sind, müssen sie weniger verdienen.“
Janusz Ryszard Korwin-Mikke
Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl fällt ebenfalls gerne durch frauenfeindliche Sprüche auf. In einem TikTok Video gab er jungen Männern kürzlich zu verstehen, was sie zu echten Männern mache:
Schau keine Pornos. Wähl nicht die Grünen. Geh raus an die frische Luft. Steh zu dir. Sei selbstbewusst. Guck geradeaus. Und vor allem: Lass dir nicht einreden, dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer sind rechts. Echte Männer haben Ideale. Echte Männer sind Patrioten. Dann klappt’s auch mit der Freundin.
Europawahl-Spitzenkandidat der AfD
Die Rolle der Frau ist in diesem Weltbild die einer Mutter und Ehefrau, die das einheimische, weiße Volk durch möglichst viele Geburten erhält und den Haushalt führt.
Die Rechte von Frauen werden in diesem Weltbild nicht hoch geschätzt, aber gerne instrumentalisiert, um eine Gefahr durch kulturfremde Migranten zu postulieren, die die Emanzipation und das Recht auf Selbstbestimmung der Frau bedrohen würden.
Rechte Einstellungen sind weltweit fest verknüpft mit antifeministischen Einstellungen. Und das Unbehagen angesichts der Auflösung traditioneller Geschlechterrollen reicht bis weit in die Mitte unserer Gesellschaft hinein. Über Antifeminismus als Brückenideologie können rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien viele Menschen erreichen und in ihre Kreise ziehen. Ihre Erzählungen verstärken sexistische Vorurteile und stellen die Bestrebungen für mehr Gleichberechtigung als eine Gefahr für unsere Gesellschaft dar.
Verschiedene Umfragen und Studien, unter anderem die Leipziger Autoritarismusstudie (2022), belegen die weite Verbreitung antifeministische Einstellungen.
Frauen, die mit ihren Forderungen zu weitgehen, müssen sich nicht wundern, wenn sie wieder in ihre Schranken gewiesen werden.
Leipziger Autoritarismusstudie 2022
27,3 % Zustimmung
Durch den Feminismus werden die gesellschaftliche Harmonie und Ordnung gestört
23,5 % Zustimmung
Frauen sind oft das gemeinsame Feindbild ansonsten zerstrittener Gruppierungen von Neoliberalen, Neurechten, rechtsnationalen Männerrechtsbewegungen bis zu religiös-fundamentalistischen Kreisen. Deswegen eignet sich Antifeminismus für die Ansprache von potenziellen Wählern rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien, die sich mit rassisstischen und frauenfeindlichen Parolen als Hüterin der traditionellen Familie inszenieren.
Es ist kein Zufall, dass rechtskonservative und weiter rechts angesiedelte Einstellungen gerade jetzt so starken Zulauf erhalten. Dies war in der Geschichte immer dann zu beobachten, wenn sich Gesellschaften vor großen Veränderungsprozessen sahen und dadurch verunsichert waren. Aktuell auch zu beobachten in der Bewegung der sogenannten „Tradwives“ oder „Stayathomegirlfriends“
Sie stoßen damit in das gleiche Horn wie andere Gleichstellungsgegner können als Frauen aber noch toxischer vorgehen, indem sie z.B. behaupten, dass sie ehrlicherweise nur einen einzigen Wunsch im Leben verspürten, nämlich den, sich für Mann und Kinder aufzuopfern.
Es bleibt letzten Endes nur die nüchterne Feststellung, dass die Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft, wie Frauenrechte oder gar Demokratie, alles andere als selbstverständlich sind. Die Angreifer sind zahlreich. Wenn wir unsere Rechte behalten wollen, dann müssen wir auch für sie kämpfen. Ganz wichtig: Wählen! Demokratische Parteien wählen!