Haushaltsrede 2024

Ich beginne auch in diesem Jahr mit einem großen und von Herzen kommenden Lob an Frau Braunmüller. Sie macht den Haushalt nicht nur „passend“ sondern auch lesbar und verstehbar und ordnet die Situation immer wieder ins Große und Ganze ein, was bei einer Unterdeckung, wie wir sie in diesem Jahr vorliegen haben, natürlich besonders viel Arbeit ist. Vielen Dank!

Haushalt / Gemeinderat 

Eines ist der Kämmerin jedoch nicht gelungen; ich kann ihren Optimismus, dass wir im übernächsten Jahr bereits wieder schwarze Zahlen schreiben, nicht teilen. 

Was ich teile, ist ihre Einschätzung bezüglich der Gewerbesteuer. Die Umbauprozesse in der deutschen Wirtschaft werden aller Voraussicht nach zu einem sehr verhaltenen Wachstum führen (Handelsblatt 20.02.24 Prognose der Bundesregierung 0,2% Wachstum). Wir tun also gut daran, mit in etwa gleichbleibenden Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen und uns den Dingen zuzuwenden, die wir hier vor Ort gestalten können.

Der Verwaltungshaushalt weist erneut, wie schon im letzten Jahr, ein strukturelles Defizit auf. Die Leistungsfähigkeit der Gemeinde ist auf Dauer jedoch nur mit ausgeglichenem Verwaltungshaushalt gewährleistet. Was müssen wir also ändern, um nicht weiter über unsere Verhältnisse zu leben. Wo geben wir zu viel aus und wo könnten wir die Einnahmen erhöhen? 

Ein richtiger und wichtiger Analyseschritt ist unserer Meinung die Aufgabenkritik, die Frau Braumüller gegen Ende der Finanzberatung noch durchgeführt hat. Unsere Fraktion hat eine solche Vorgehensweise schon mehrfach vorgeschlagen. Allerdings mit dem Gedanken, in aller Ruhe, bestenfalls gleich nach Verabschiedung des Haushalts, mit der Analyse zu beginnen und zwar in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe – denkbar wäre z. B. eine zweite Maisacher Task Force. So könnte man die Prioritäten gemeinsam und auf einem breiten Konsens beruhend festlegen. Damit würde man verhindern, dass der Sparzwang so stark dominiert, dass keine nachhaltig vernünftigen Entscheidungen getroffen werden.

Anhand der vorgelegten Daten ist jedenfalls klar, dass die Schieflage nicht an einer ungünstigen Bevölkerungsstruktur hängt. Die Steuerkraftzahl liegt weit über dem Landesdurchschnitt.

Was auf der Ausgabenseite auffällt, ist der enorme Anstieg der Personalkosten. Eine Verdoppelung in nur neun Jahren, aufgrund von Tarifsteigerungen und neu geschaffenen Stellen. Nun weiß wohl wirklich jeder eine große und gut qualifizierte Mannschaft zu schätzen, trotzdem scheint es in diesem Bereich angebracht zu fragen, ob wir uns diesen Trend weiter leisten können. Im vorliegenden Haushaltsentwurf wurden Stellen immerhin bereits sehr zurückhaltend geschaffen.  

Unser Vorschlag wäre, die Organisation der Stellen und Aufgaben von einem unabhängigen Institut überprüfen zu lassen. Das schafft uns auch mehr Planungssicherheit für die kommenden Haushalte. Und die braucht es schon allein deshalb, weil es absehbar immer schwieriger werden wird, bei stetig steigender Kreisumlage, rückläufigem Steueraufkommen und der Verlagerung weiterer Aufgaben auf die Kommunen, Mindereinnahmen zu kompensieren. 

Gerade in solchen Situationen, wenn auch unpopuläre Entscheidungen gefällt werden müssen, machen sich klare Prioritäten, die auf breitem Konsens beruhen bezahlt. Im Gegensatz dazu wird es sich rächen, wichtige aber unpopuläre Aufgaben nicht anzugehen und auf den St. Nimmerleinstag zu vertagen. 

Ein solches St. Nimmerleins-Projekt scheint die Überarbeitung der Geschäftsordnung für den vor vier Jahren gewählten Gemeinderat zu sein. Hier könnte man sich Regeln geben, die die Zusammenarbeit positiv gestalten, was aus unserer Sicht dringend geboten wäre. Das betrifft in erster Linie die Einbeziehung der Referenten in Planungen und Entscheidungsprozesse, die ihr Referat betreffen. Das Maß ist hier sehr unterschiedlich, das ist schon klar, aber genau das soll eine Geschäftsordnung ja regeln. Wozu haben wir engagierte Referenten, wenn sie nicht einbezogen werden? Vor allem wenn die Entscheidungen dann in der Verwaltungsspitze von Bürgermeister und Geschäftsstellenleiter fallen, wie zum Beispiel jüngst die Entscheidung, dass die Schaffung einer hauptamtlichen Stelle für die Seniorenbetreuung erneut verschoben wird. Das ist schon „very old school“ und verfolgt nicht das Ziel, einen möglichst großen Konsens herzustellen. Es scheint vielmehr so zu sein, dass ohne Diskussion die Interessen der Verwaltungsspitze durchgesetzt werden. Kann man machen, muss man aber nicht.

Vor diesem Hintergrund möchten wir auch noch einmal auf die Möglichkeit hinweisen, einen Finanzreferenten aus der Reihe der Gemeinderatsmitglieder zu wählen, der die Kommunikation des Gemeinderates mit der Kämmerin unterstützen und die Sichtweise eines Außenstehenden einbringen könnte. 

Die Geschäftsordnung sollte auch aus einem anderen Grund überarbeitet werden. Die Vereinbarkeit des Mandates mit Familie und Beruf muss dringend verbessert werden. Schaut man sich die Zusammensetzung des Gemeinderats an, fällt sofort das hohe Durchschnittsalter auf. Jedes Parlament, auch das kommunale, sollte bestenfalls ein Abbild der Bevölkerung sein. Davon sind wir ein gutes Stück entfernt. Junge Frauen und Männer, die eigentlich das größte Interesse an der Gestaltung ihres Lebensmittelpunktes haben müssten, scheuen das Engagement im Gemeinderat unter anderem, weil die abendlichen Sitzungen für sie schwer einzurichten sind. Hybride Sitzungen oder die finanzielle Unterstützung von Kinderbetreuung wären Angebote, die man machen sollte, nicht zuletzt weil ein höherer Anteil junger Gemeinderäte und -rätinnen automatisch auch dafür sorgen würde, dass die Themen dieser Generation stärker in die Politik getragen würden. 

Es würde wohl moderner werden und digitaler. Digitale Formate gehören zu einer modernen Gemeindeverwaltung ganz selbstverständlich dazu. Bürger können inzwischen fast alle amtlichen Dienstleistungen online und papierlos erledigen. Nur Bürger, die sich über die Geschehnisse im Gemeinderat informieren wollen, müssen dann immer noch einen Termin im Rathaus machen und dort Papier wälzen, wenn sie die Protokolle einsehen wollen. Hier macht man es den Leuten unnötig schwer.

Neben der Digitalisierung seien noch kurz einige andere Bereiche angesprochen, die für eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinde wichtig sind. Vorweg sei gesagt, dass Maisach nicht deswegen so gut dasteht, weil es die wichtigen Themen in der Vergangenheit nicht im Blick hatte. Ganz im Gegenteil. Aber die Welt ist im Wandel und das kann nicht ignoriert werden, auch wenn die Kommunikation darüber oft schwierig ist und die Maßnahmen nicht eben beliebt in der Bevölkerung. Die Welt um uns herum verändert sich auch, wenn man entscheidet, sich selbst nicht zu bewegen.  Eine Option, sich dafür zu entscheiden, dass alles so bleibt wie es ist, gibt es nicht. Große Krisen erschüttern unsere Gesellschaft und werden immer mehr. Zu der Klima- und Biodiversitätskrise sind jetzt noch Krieg in Europa und in Nahost, demokratiefeindliche Strömungen in Deutschland, Europa und der Welt, sowie eine starke Polarisierung der Gesellschaft hinzugekommen. 

Das Alles schluckt Mittel, die uns nicht für die Bewältigung anderer Aufgaben zur Verfügung stehen. Deswegen sollten wir immer überlegen, an welchen Stellschrauben wir drehen können, ohne dass Kosten verursacht werden.

Demografische Entwicklung

Vor wenigen Tagen hat das Bayerische Landesamt für Statistik, seine Vorausberechnung für die Bevölkerung in Bayern vorgelegt. Zwei Erkenntnisse dominieren: die bayerische Bevölkerung wird älter und wächst. Es wird deutlich mehr Rentner geben, denen deutlich weniger Erwerbstätige gegenüberstehen. Auf kommunaler Ebene bedeutet dies, der Bedarf an Pflege und Unterstützung, egal welcher Intensität, wird steigen. Die Betriebe werden eventuell Schwierigkeiten haben, genug Fachkräfte vor Ort zu finden. Bereitet sich Maisach ausreichend auf diese Entwicklung vor? Wir finden „Nein“!

Wohnen für Jung und Alt

Der Schlüssel für gute Versorgung der älteren Generation und attraktive Angebote für junge Menschen am Anfang ihres Berufslebens liegt in beiden Fällen maßgeblich im Bereich Wohnbau. Aus unterschiedlichen Gründen wollen Jung und Alt das gleiche: Gemeinschaftliche Wohnformen, in denen man sich gegenseitig unterstützen kann, und in denen man auch private Rückzugsräume hat. Für die Gemeinde ist das deshalb wichtig, weil solche Wohnprojekte anders geplant und umgesetzt werden müssen und man es auch mit anderen „Bauträgern“ wie Bauherrengemeinschaften oder Genossenschaften zu tun hat. Immer wieder heißt es, es fänden Gespräche statt. Immer wieder passiert: NICHTS!

Senioren

Ältere Menschen haben den natürlichen Wunsch, möglichst lange selbstbestimmt in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung leben zu können. Unser Anspruch ist, nicht nur eine Politik für, sondern gemeinsam mit den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu gestalten. Wir sehen deshalb in der Beteiligung der älteren Bevölkerung bei der Gestaltung seniorengerechter Wohn- und Lebensbedingungen einen wichtigen Pfeiler einer modernen Seniorenpolitik.” Das stammt nicht von mir, sondern so steht es im Grundsatzprogramm der CSU. Der Partei, die den Bürgermeister stellt und die Mehrheit im Gemeinderat. Warum trotzdem nichts vorwärts geht, während viel kleinere und finanzschwächere Kommunen es schaffen, Vorzeigeprojekte im Bereich des Seniorenwohnens umzusetzen, lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass Senioren auf der Liste der Prioritäten ziemlich weit hinten rangieren. Und so warten wir weiter auf das seniorenpolitische Gesamtkonzept des Landkreises obwohl auch in Maisach bald jeder dritte Bürger älter als 60 Jahre sein wird.

Sozialer Zusammenhalt

Gemeinschaftliche Wohnprojekte, egal ob für alt oder jung oder beides, stärken in jedem Fall den sozialen Zusammenhalt der kommunalen Gesellschaft, was angesichts der aktuellen Polarisierungstendenzen ein wünschenswerter, positiver Effekt wäre.

Das Erstarken demokratiefeindlicher Strömungen und der Zuspruch, den die AfD speziell unter jugendlichen und jungerwachsenen Menschen genießt, sollten Warnzeichen für uns sein, auf die wir reagieren sollten. 

Es wäre unserer Meinung dringend notwendig, Angebote für Jugendliche zu machen, die es ihnen ermöglichen, ihr Umfeld, ihren Heimatort auf demokratische Art zu gestalten. Wir bedauern daher sehr, dass der geplante Jugendbeirat erst 2027 kommen soll. Ob es unbedingt ein Jugendbeirat hätte sein müssen oder ein anderes Projekt zur Teilhabe junger Menschen am politischen Prozess, hätte man diskutieren können. Aber Nichts zu machen, erscheint uns fahrlässig.

Verkehr

Gleiches gilt für den Bereich Verkehr. Seit die Pläne Fürstenfeldbrucks, den Fliegerhorst zu bebauen bekannt wurden, machen sich Maisacherinnen und Maisacher Sorgen über die Entwicklung der Verkehrssituation. Genau wie die Emmeringer und Olchinger. Man hatte sogar beschlossen, ein eigenes Verkehrskonzept erstellen zu lassen; so wichtig war das Anliegen. Das Thema Verkehr wird mehr und mehr zum Problemthema: zu viel, zu laut, zu gefährlich – allerdings wird konsequent meist nur der Verkehr als negativ empfunden, den Andere verursachen. Schade, dass wir in unserer eigenen Gemeinde, die Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes seit Jahren verschieben. Und das, obwohl Bürgerinnen und Bürger immer wieder große Sorge geäußert haben. Unser Nadelöhr, die Unterführung der Bahnhofstraße ist ein neuralgischer Punkt und die Entwicklung in den Süden hinein wird das nicht verbessern. Andere Verkehrsthemen sind der ruhende Verkehr und die Situation für Radfahrer. Außerdem wissen wir seit der Planung der Rad- und Fußgängerbrücke in Gernlinden, was es kostet, zusätzliche Gleisquerungen zu bauen. Die Vielzahl an Verkehrsthemen und deren Relevanz für die gefühlte Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger sollten Grund genug sein, ein fachlich fundiertes Verkehrskonzept auszuarbeiten.

Energiewende

Nichts anbrennen lässt Maisach dagegen, wenn es um die Energiewende geht. Hier nimmt Maisach eine Vorreiterrolle im Kreis ein und geht den Weg auch konsequent weiter. Das muss positiv angemerkt werden. Von einer guten Energieversorgung wird nicht nur das Gewerbe sondern auch die Bevölkerung profitieren. 

Klimaschutz / Artenschutz

Abseits vom Energiebereich, haben es Klima- und Artenschutz jedoch weiterhin schwer. Als Beispiel sei hier die Entwicklung der Bausteine für die nachhaltige Bauleitplanung genannt. Nach fast zwei Jahren intensiver Arbeit, einer Klausur, diversen Beratungen im Gemeinderat, Stellungnahmen aller Fraktionen, Beteiligung eines Planungsbüros und Konsultation eines Anwaltsbüros, wurde eine kurze Liste sehr zaghafter Festsetzungen für Bebauungspläne beschlossen. Etwa die Hälfte aller Bauvorhaben in der Gemeinde wird aber ohne Bebauungsplan realisiert. Es zeigt, welch geringe Priorität dem Thema beigemessen wird, dass der Gemeinderat abgelehnt hat, die Bausteine auch für Bauvorhaben ohne Bebauungsplan in einer Satzung festzulegen. Die rechtliche Unsicherheit, die ein beauftragtes Anwaltsbüro konstatierte, spielte in der Diskussion im Gemeinderat eine wesentlich geringere Rolle als die Kosten für Bauwillige. Und so blieben am Ende eine Änderung der Stellplatzsatzung und die Erhöhung der Bodenfreiheit baulicher Einfriedungen von 12 auf 15 cm übrig. Die Frage, ob das auf Dauer ausreicht, mag sich jeder selbst beantworten.

Lösungsansätze

Wir stimmen diesem schwierigen Haushalt zu, wenn auch mit der Feststellung, dass wir in Maisach wichtige Zukunftsthemen nicht oder zu zögerlich angehen. Wir hangeln uns von Projekt zu Projekt und viele Themen, die nicht akut Aufmerksamkeit verlangen, werden vernachlässigt. Ein normaler Effekt bei zunehmender Komplexität. Viele Gemeinden stehen vor den gleichen Problemen. Und viele gehen es an, indem sie trotz klammer Kassen, integrierte Entwicklungskonzepte erarbeiten, die ihnen Perspektiven eröffnen und Spielraum verschaffen.

Bei den Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepten (ISEK) geht es darum, die übergeordneten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und den erforderlichen Strukturwandel (z.B. aufgrund demografischer, ökologischer oder wirtschaftlicher Veränderungen) besser zu steuern, die Daseinsfürsorge sicherzustellen, genauso wie die Aufenthaltsqualität in den Orten. Zu den Handlungsfeldern zählen soziale Einrichtungen, Bildung, Aufenthaltsqualitäten des öffentlichen Raums, Mobilität, Klimaschutz und Energie, Handel, Gastronomie, Kultur und Dienstleistungen. ISEKs sind zudem oft eine Voraussetzung für Mittel der Städtebauförderung. 

Wir sind der Überzeugung, dass ein solch ganzheitlicher Ansatz viele Vorteile für Maisach mit sich bringen würde, gerade auch in Anbetracht der finanziellen Herausforderungen und würden eine Betrachtung dieser Möglichkeit im Gemeinderat begrüßen.

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