Von Osterhasen und Ausgleichsflächen

Von Osterhasen und Ausgleichsflächen
Foto. Heike Demant

Von Osterhasen und Ausgleichsflächen

Hasen sind fast so beliebt wie Bienen. Jeder findet sie knuffig und süß. Jedes Jahr zu Ostern bekommen die Hasen für einige Zeit sehr viel Aufmerksamkeit; es wird darüber geschrieben, wie es ihnen geht, wie sich ihre Bestände entwickeln und es wird wiederholt, was lange bekannt ist: wie fast alle Tiere der offenen Feldflur, ist der Feldhase stark bedroht. In intensiv genutzter Agrarlandschaft fehlt es an Nahrung und an Rückzugsmöglichkeiten. Wir haben uns daran gewöhnt, hinterfragen die Entwicklung kaum noch und denken, da haben wir sowieso keinen Einfluss drauf. Doch das stimmt nicht! Ganz unabhängig von der Landwirtschaft, hat eine Kommune sehr wohl Einfluss darauf, wie sich Artenvielfalt in ihrem Gebiet entwickeln kann.

Beispiel: Anlage von Ausgleichsflächen. Wenn neue Flächen in den Siedlungsraum einbezogen werden, dann muss dafür ein Ausgleich geschaffen werden. Der Gedanke dahinter ist, das verlorene Stück „Natur“ zu ersetzen, indem Lebensraum geschaffen wird. Das geht, indem man Flächen „ökologisch aufwertet“, so dass nachher mehr Arten dort leben können als vorher. So kommt es auch, dass Pi mal Daumen nur ein Drittel der bebauten Fläche als Ausgleichsfläche hergestellt werden muss. Der Faktor ist unterschiedlich hoch, je nachdem, ob hochwertiger Lebensraum bebaut wird oder weniger hochwertiger. Die Möglichkeiten für die Herstellung der Ausgleichsflächen lassen Kommunen viel Spielraum. Das muss auch so sein, weil die Möglichkeiten je nach Gegebenheiten auch sehr unterschiedlich sind.

Ausgleichsfläche zwischen Gernlinden und Maisach. Foto: Heike Demant

Zurück zu Hase und Rebhuhn, um zwei repräsentative Arten zu nennen: es fehlt an Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten in der Agrarlandschaft. Hier können alle Kommunen, die über große Bereiche intensiv bewirtschafteter Äcker verfügen, etwas tun, indem Ausgleichsflächen so angelegt werden, dass die Tiere, sich auf diese Flächen zurückziehen und sich dort auch ernähren können. Solche Maßnahmen sind sehr wirkungsvoll, weil tatsächlich das Überleben von Arten ermöglicht wird, die sonst vielleicht nicht mehr vorkommen würden. Doch nicht jede Kommune hat viele intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen. Deshalb ist z. B. auch die Entsiegelung von Flächen als Ausgleichsmaßnahme zulässig und sinnvoll, da sie entsprechend Lebensraum schafft, der vorher nicht da war, vor allem in urbanen Siedlungsgebieten.

Kommunen können ihre eigenen Schwerpunkte setzen. Und das hat Einfluss auf die Artenvielfalt in ihrem Gebiet.

In Maisach wurden über die letzten Jahre viele Maßnahmen zur „Aufwertung“ der teilweise sehr ausgeräumten Agrarlandschaft durchgeführt. Fast alle Hecken- und Gehölzstrukturen zwischen Maisach und Gernlinden wurden angelegt und bieten Rückzugs- und Lebensraum. Blühflächen und Streuobstwiesen bieten darüber hinaus noch Nahrung; nicht nur für Hase und Rebhuhn, sondern auch für Insekten. Ihre Verteilung in der Landschaft ist wichtig, da die Tiere sich entlang dieser Strukturen bewegen, um z.B. neue Nahrungsquellen zu erschließen. Fehlen solche Strukturen, können große Ackerflächen bisweilen kaum überwunden werden.

Ausgleichsflächen der Bundesbahn (links) und der Gemeinde Maisach (rechts) am Aspengraben in Germerswang

In der letzten Woche wurden von Bürgermeister Seidl nun Pläne öffentlich angesprochen, die ehemalige Startbahn des Fliegerhorstes stückweise zu entsiegeln als Ausgleichsmaßnahme für kommende Bauprojekte. Die Startbahn ist eingebettet in die Wiesen des FFH-Gebietes*. Sie stört dort höchstens optisch, hat aber ansonsten keinen negativen Einfluss auf die umgebende Natur. Im Gegensatz zur Südumfahrung entfaltet sie auch keine Zerschneidungswirkung, da eine solche durch Verkehr entsteht und nicht durch das Bauwerk an sich. Von einer Entsiegelung würde also weder Natur noch Mensch groß profitieren, aber der rechnerische Ausgleich wäre trotzdem möglich. Bei einer Größe der Startbahn von 17ha könnte grob geschätzt die Bebauung von 50ha Fläche ausgeglichen werden. Auf Jahrzehnte „müssten“ keine Hecken, Blühflächen oder Streuobstwiesen mehr angelegt werden. Denkbar wäre zum Beispiel eine Bebauung der ökologisch hochwertigen,  artenreichen Wiesen des Trabergeländes und eine Entsiegelung eines Teils der Startbahn als Ausgleichsmaßnahme.  Der tatsächliche Verlust an Natur wäre dadurch nicht annähernd ausgeglichen.

Schonung von Ackerflächen ja – aber nicht nur beim Ausgleich sondern auch beim Bauen

Der Bürgermeister hat es deutlich ausgesprochen: „damit schonen wir Ackerflächen“.  Wenn wir die Ackerflächen allerdings nur beim Ausgleich schonen und nicht auch beim Bebauen, dann sparen wir nur an sinnvollem Natur- und Artenschutz und befördern den immer noch viel zu hohen Flächenverbrauch weiter.

Dass wir eine große Flächenkonkurrenz im Ballungsraum München haben ist unbestritten; auch dass wir für ausreichend landwirtschaftliche Produktionsflächen sorgen müssen. In Zeiten sich überschlagender Meldungen und Berichte zur Biodiversitätskrise mutet es allerdings eher  erkenntnisfremd an, den Naturschutz und den Artenschutz derartig zurückzustufen.

Unsere Fraktion im Gemeinderat hat wiederholt Anträge eingebracht, die eine Förderung der Artenvielfalt zum Ziel hatten. Bisher noch ohne Erfolg. Als kleine Fraktion bleibt uns nur der Appell an Bürgermeister und Gemeinderat, weiterhin auf Maßnahmen für die Artenvielfalt in der Fläche hinzuwirken. Alles andere wäre ein Beitrag zum Artenschwund. Ob unsere Enkel dann im Frühjahr noch den Feldhasen beim Boxen zusehen können, hängt mit von solchen Entscheidungen ab, die ja nicht nur in Maisach, sondern in vielen Kommunen getroffen werden.

In diesem Sinne wünschen wir ein fröhliches Osterfest!
Euer Ortsverband Bündnis 90 / DIE GRÜNEN Maisach

wir wünschen ein fröhliches Osterfest
Foto. Heike Demant

*FFH-Gebiete (Abkürzung für Fauna-Flora-Habitat-Gebiet) sind Schutzgebiete in Natur- und Landschaftsschutz, die bestimmte Lebensraumtypen mitsamt der dort lebenden Arten (definiert in der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) schützen.